Auf die Frage nach dem Befinden antworten viele Menschen reflexartig: „Ich bin im Stress!“ Von manchen kommt diese Antwort in einem fröhlich-energiegeladenen Ton, anderen sieht man geradezu an, dass sie unter der ständigen Anspannung leiden. Kann Stress gut oder schlecht sein, Freund oder Feind? Wir haben mit Barbara Schagerl-Müllner, Trainerin im Gesundheits- und Vorsorgebereich in Bad Hall, über dieses Thema gesprochen.
Guten Morgen, Frau Schagerl-Müllner! Warum gibt es Stress eigentlich und wie macht er sich bemerkbar?
Guten Morgen, ja, das ist eine gute Frage. Zunächst sollten wir verstehen, dass Stress seit der Urzeit die Garantie für das Überleben war und auch heute noch ist. Angenommen, Sie sammeln im Wald bei Bad Hall vor ein paar Tausend Jahren Beeren und plötzlich taucht ein wildes Tier auf, das Sie angreifen könnte. Jetzt müssen Sie innerhalb von Sekundenbruchteilen entscheiden, ob Sie kämpfen oder weglaufen. Um für die Herausforderung bereit zu sein, muss der Körper aktivierende Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin ausschütten. Die Körpermuskulatur wird stärker durchblutet, die Atmung vertieft. Blutfettwerte und Blutgerinnung schnellen nach oben, die Verdauungs- und Sexualfunktion wird abrupt unterdrückt. Das ist Stress pur!
Gut, aber in unserem modernen, organisierten Alltag ist diese Situation nicht mehr wahrscheinlich. Warum reagiert der Mensch trotzdem mit Stresssymptomen?
Die Lebensumstände mögen sich geändert haben, die körperliche Reaktion ist immer noch dieselbe wie in der Steinzeit. Es kommt zur Ausschüttung von Stresshormonen mit all den vorhin beschriebenen Auswirkungen, die ja sinnvoll sind, wenn man auf eine Herausforderung körperlich reagieren muss. Wir haben heute aber kaum die Möglichkeit, körperlich zu reagieren. Fühlen wir uns angegriffen, unter Druck gesetzt oder überfordert, kann nicht, wie in Urzeiten, adäquat reagiert werden.